Das Audion

Das Audion

Das Audion ist die Grundlage historischer Rundfunkempfänger, eine Schaltungslösung, die den Empfang entfernter Sender erst möglich machte.

Technisch ist es eine "Geradeaus- Schaltung", (nur) die Empfangsfrequenz eines Nutzsenders wird empfangen, verstärkt und verarbeitet.

Allerdings muß dies evtl. durch viele verstärkende Stufen vorgenommen werden, bei der Anzahl der möglichen Empfangsfrequenzen wird es technisch sehr aufwendig, einen gesamten Empfangsfrequenz- Bereich gleichmäßig zu verstärken.

Später wurden Audionschaltungen durch den sog. "Superhet" oder abgekürzt "Super" abgelöst.

Diese Schaltung weicht vom "Geradeaus-"- Prizip ab, weil zur Empfangsfrequenz eine weitere Frequenz hinzugefügt wird.
Mittels dieser wird eine Frequenz- Umsetzung/ Wandlung vorgenommen, es wird trotz vieler möglicher Empfangsfrequenzen nur EINE konstante Hilfsfrequenz, die sog. Zwischenfrequenz, die die Eigenschaften (aufgeprägten Sprachschwingungen) der Nutz- Empfangsfrequenz erhält, verstärkt und verarbeitet. Egel, welche Frequenz empfangen wird, weiterverarbeitet wird nur die eine Hilfsfrequenz.
Die Verstärkung und Verarbeitung nur EINER Frequenz ist bedeutend einfacher realisierbar. Es ergeben sich weitere Vorteile, weil das Verhalten der Verstärkerstufen genau festgelegt werden kann.

Wer hat's erfunden ?

Nach langem Streit der Fachleute gilt heute Lee de Forest als Erfinder des Audions.
Das weitaus berühmtere Audion ist jedoch das spätere "Audion mit Rückkopplung" (siehe weiter unten).

Die Audion- Ära

Audion- Empfänger wurden in großen Stückzahlen seit den 20er Jahren bis zum Weltkrieg gebaut.
Aber Audionschaltungen wurden noch bis in die 50er Jahre, in Bausatz- Geräten (Grundig "Heinzelmann"), sowie in einfachen Billig- Empfängern, vorwiegend in der DDR ( z. B. Empfänger "1 U11", "Dompfaff", "Zaunkönig", u. a.), verwendet.

Ansonsten war das Audion wegen seiner Einfachheit oft das Erstlingswerk von Rundfunkbastlern und Amateurfunkern.
Im Amateurfunk wurde dafür der Begriff "0-V-1"geprägt: Null ("0") Vorstufen, 1 Verstärker- bzw. Audion- Stufe ("V"), 1 Niederfrequenz- Verstärkerstufe ("1"). Später wurde das Gerät ggf. zum "1-V-1", "1-V-2", usw. erweitert.

Ganz zum Beginn der Transistorradios gab es einige Taschenradios aus Japan mit Audionschaltungen ("Reflex- Audion", siehe weiter unten). Grund war, daß nur wenige (meist 2) Transistoren für ein einfaches Taschenradio reichten.

Die Bezeichnung Audion

Es gibt verschiedene Schaltungslösungen mit der Bezeichnung "Audion".

Die Zur- Verfügung- Stellung der auf die Empfangs- Hochfrequenz aufgeprägten ("modulierten") Sprachschwingungen, die sog. "Demodulation", ist die wichtigste Funktion des Audions.
Daher der Name: "Audion" ist vom lateinischen Wort "Audio" =  "ich höre" abgeleitet.

Mit "Audion" wurden im Laufe der Zeit viele Schaltungen mit Trioden oder 
Penthoden bezeichnet, nämlich:
- Gittergleichrichter mit RC- Kombi am Gitteranschluß oder C vor G, R 
dann an der G- K- Strecke
- mit RC- Kombi an der Kathode oder Gitterbatterie =  Richtverstärker = 
Anodengleichrichter,
- Schaltungen ganz ohne RC- Kombi oder Vorspannung,
- Schaltungen mit und ohne Rückkopplung
Die Bezeichnungen wurden nicht einheitlich genutzt, oft nur wegen der 
Werbewirksamkeit.
Darum findet man:
Rückkopplungsaudion, Gitteraudion, Anodenaudion,Steilaudion, 
Schirmgitteraudion, Kraftaudion, Bremsaudion, ECO-Audion, oder nach den 
Namen der Erfinder: Nestel- Audion, Armstrong- Audion, Leithäuser- 
Audion, Schnell- Audion, Reinartz- Audion,  de Forest- Audion.
Weiter: Pendelaudion, Reflexaudion.
Und es gab mindestens ein Radio, welches sogar zw. Anoden- und 
Gittergleichrichtung umgeschaltet werden konnte (Seibt 41) , so wie es 
auch Radios gab, die zw. Geradeaus und Superhet umschalten konnten 
(Körting Ultramar 37, Blaupunkt 5W86).

Die heutige Definition von "Audion" ist auf jeden Fall Verstärkung und Demodulation in ein und demselben Verstärkerbauteil.

Rückkopplungsaudion

Es kann neben der eigentlichen Aufgabe, der Demodulation,  ein Teil der empfangenen Frequenz vom Ausgang an den Eingang zurückgeführt werden, die Bezeichnung ist dann "Rückkopplung" bzw. "Rückkopplungsaudion".
Das Rückkopplungsaudion kann sehr schwache Sender hörbar machen, dies ermöglichte erst den Funk- Weitverkehr.

Rückkopplungs- Audionschaltungen sind eigentlich die bekanntesten und leistungsfähigsten Audionschaltungen. Sie waren sehr einfach zu bauen, und wurden für einfachste Billiggeräte noch bis in die 50er jahre verwendet.

Schaltungslösungen

Dazu gibt es mehrere Lösungen unter der Audion- Bezeichnung:

- Gittergleichrichtung (Gitteraudion)
- Anodengleichrichtung (Steilaudion)
  Beide Lösungen sind mit und ohne Rückkopplung verwendet worden.
- Stromverteilungs- Gleichrichtung, das sog."Bremsaudion", es erlangte keine Bedeutung.

Die bekannten Bezeichnungen von Audionschaltungen sind auf die ersten beiden Schaltungen zurückzuführen.
Sie wurden nach den Erfindern benannt (Armstrong, Leithäuser, Schnell, Reinartz, de Forest...), oder unterscheiden sich in der Art der Beschaltung der Röhre (Schirmgitteraudion, ECO- Audion).

Spezialschaltungen

"Pendelaudion"
Eine spezielle Variante ist das "Pendelaudion", welches jedoch auch nur nach den genannten Prinzipien arbeitet, aber durch eine sehr schnelle (und damit unhörbare) periodische Verschiebung seines Arbeitspunktes eine sehr hohe Empfindlichkeit erreicht.
Leider ist das Prinzip erst ab dem hochfrequenten Ende des Mittelwellenbereich brauchbar, also dem Kurzwellen- und Ultrakurzwellenbereich.

"Reflexaudion"
Eine weitere Variante, das "Reflexaudion", ist ebenfalls eine trickreiche Schaltung, welche nach den genannten Prinzipien arbeitet, das verstärkende Bauelement wird noch ein weiteres Mal benutzt, und zwar, um die gewonnene, hörbare Niederfrequenz an den Eingang zurückzuführen, und noch einmal zu verstärken.

Die Spezialschaltungen sind trickreich, aber sehr kritisch in den Einstellungen.
In industriellen Rundfunkempfängern wurden sie wenig verwendet.

Beispiele Reflexempfänger:
Körting- Radios "Trixor", "Adeling", Novum 38 GB 2207 W,
Lumophon "Burggraf",
NORA W220L "Rienzi".

Pendelaudion: Wie geschrieben, für Lang- und Mittelwelle ungeeignet, industriell ist mir kein Kurzwellenempfänger mit einem Pendelaudion bekannt.
Funkamateure bauten aber gelegentlich Pendelaudione, es gibt dazu eine Anzahl Schaltungen.
Das Pendelaudion erreichte jedoch zur Anfangszeit des UKW- Rundfunk kurzzeitig Bedeutung in Nachrüst- Geräten, um ältere Radioapparate preisgünstig auf UKW- Empfang nachrüsten zu können.
Beispiel:
Philips "7768",
Loewe "UKW-Pendler 3532",
Telefunken Einbau-Vorsatz- Konverter "UKW1C",
Grundig "UKW- Empfangsteil W"  .

Vorteil des Audions

Das Audion hat von Hause aus eine hohe Bandbreite, es kann in den klassischen Rundfunk- Wellenbereichen Lang- bis Kurzwelle mit guter bis sehr guter Qualität arbeiten.

Allerdings nur, wenn es so ausgesendet wird !
Früher war das allerdings kaum der Fall.

Lediglich im Sender- Nahbereich war das möglich.
Körting baute aufwendige Spitzengeräte: "Ultramar" und "Transmare", welche für Nahempfang sogar von Superhet- auf Geradeaus- (Audion-) Empfang umgeschaltet werden konnte (!).



Ausschnitte aus dem Werbetext für den Körting "Ultramar".
Der empfindliche Fernempfang via Superhet- Schaltung begrenzt die NF- Bandbreite auf 4,5 KHz-
entsprechend der Kanal- Bandbreite eines MW- Senders.
Der Breitband- Ortsempfang via Geradeausschaltung läßt einen wesentlich breiteren NF-
Frequenzbereich zu.

Heute gibt es Sender, die -besonders auf Kurzwellenfrequenzen- mit sehr guter Bandbreite/ Tonqualität senden, es lohnt sich, nach solchen Sendern zu suchen.

Spezialanwendung des Audions

Eine spezielle Anwendung war einst die militärische Verwendung:
Da beim Empfang keinerlei Frequenzen erzeugt werden, die evtl. schwach über die eigene Antenne abgestrahlt werden könnten, kann ein Audion nicht mit Suchgeräten angepeilt werden, das war absolut lebenswichtig für Schiffe und U- Boote.

Trennschärfe, Bandbreite und Empfindlichkeit des Audions
Es ist eine Eigenschaft des Rückkopplungsaudions, mit nur 1 Schwingkreis eine hervorragende Empfindlichkeit, sowie eine hohe Trennschärfe erreichen zu können.

Bewirkt wird dies dadurch, daß die Rückkopplung die Verluste des Schwingkreises ersetzt, was so wirkt, als ob ein Schwingkreis mit höherer Güte vorhanden wäre.
Eine höhere Trennschärfe müßte aber durch eine steilere Flanke der Durchlaßkurve bewirkt werden, die Bandbreite müßte deutlich schmaler werden.
Ist dem so ? Wird die Trennschärfe wirklich erhöht ? Wird die Bandbreite verringert ?
Ja.

Dazu habe ich eine umfangreiche Untersuchung mit aufwendigen Meßmitteln durchgeführt.
Hier ist der Bericht
  (sehr lang- 15 Seiten).


Frequenzgang des Audions, dargestellt bei Kurzwelle 10 MHz.
Die Bandbreite ist hoch (etwa 40 KHz), es ist zwar eine sehr gute Wiedergabe
möglich, aber die Trennschärfe ist gering, ein starker Nachbarsender stört
da schon erheblich.


Audion mit weit angezogener Rückkopplung, (NF-) Bandbreite um 3 KHz.
Die Eingrenzung der Bandbreite bewirkt eine hörbar "dumpfere" Wiedergabe, da hohe Niederfrequenzen beschnitten werden, jedoch stört der NAchbarsender nicht mehr.

Audion im Vergleich
Ein gutes Audion kann durchaus mit -einfacheren- Superhets mithalten.
Mit mehreren Schwingkreisen kann dies gesteigert werden.
Schnell ist es jedoch nicht mehr sinnvoll, das Audion mit weiterem Schaltungsaufwand zu verbessern- es ist zwar möglich, aber dann ist das Audion nicht mehr simpel und einfach, der Aufwand, besonders der mechanische Aufwand, wird extrem groß.
Es geht mit dem Superhet- Prinzip einfacher.

Grenzen des Audions
Das Audion hat also seine Grenzen bei der Verwendung vieler Schwingkreise und Hochfrequenz- Verstärkerstufen- es ist wird immer schwieriger, einen großen Empfangsbereich gleichmäßig und trennscharf zu verstärken, die zahlreichen Abstimmelemente, die gemeinsam abgestimmt werden mußten, führen zu mechanisch extrem aufwendigen Konstruktionen.

Spitzengeräte hatten 3 bis 5, militärische Geräte bis zu 6 hintereinander folgende Verstärkerstufen, die gemeinsam abgestimmt wurden.


Bitte dazu auch hier schauen:
http://edi-mv.de/index.php/edi-s-specials/vergleich-superhet-geradeausempfaenger

Audion... heute ???
Auch heute noch gibt es unermüdliche Bastler, die sich dem Audion widmen.
Früher mit Röhren, heute eher mit Transistoren/ MOSFET`s.
Für
ein erstes Eigenbau- Projekt junger Kurzwellen- Amateure  ist es durchaus noch verwendbar.

100 Jahre nach De Forest's Patent: Nach wie vor besticht das Audion durch seine Klarheit und Einfachheit, und guten Empfangseigenschaften.

Wie weiter vorher kurz angesprochen, lohnt es sich, auf den heute von starken deutschen Sendern verlassenen Bereichen der Lang-, Mittel- und Kurzwelle nach Rundfunksendern zu suchen.

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Schaltungsgrundlagen



Gittergleichrichtung. Kennzeichen: Die Gitter- Kombination, die oft auch
als Parallelschaltung aus Widerstand/ Kondensator in der Gitterzuleitung
ausgeführt wurde. Das Gitteraudion ist für kleine Eingangsspannungen geeignet,
die Verstärkung ist hoch, das Audion sehr empfindlich.
Bei größeren Eingangsspannungen wird jedoch das NF-Signal verzerrt.


Anodengleichrichtung. Kennzeichen: Die Kathoden- Kombination
für eine feste negative Gittervorspannung, die Gitterkombination mit "gleitenden Arbeitspunkt" ist nicht sinnvoll.
Besser für größere Eingangsspannungen geeignet, weil diese mit weniger Verzerrungen demoduliert werden können, z. B. als Demodulatorschaltung nach vorhergehenden HF- Verstärkerstufen.
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Schaltungsbeispiele Audion

Es gibt wirklich unzählige Schaltungsvarianten des Audions, obwohl auf den beiden Grundschaltungen beruhend, ist es wohl kaum möglich, alle aufzuzählen.
Einige möchte ich hier zeigen.




De Forest- Audion, aus der Patentschrift von 1907


(Gitter-) Audionschaltungen, die beiden genannten Gitterkombinationen.

Schaltungsbeispiele Audion mit Rückkopplung


Schnell- Audion


Reinartz- Audion


Schirmgitteraudion- Die Rückkopplung ist über die verstellbare
Schirmgitterspannung einstellbar.




Nestelaudion. Statt Gleichrichtung an der Gitter- Kathoden- Strecke
hier an einer "echten" Diode.
Auch hier ist die Verwendung der Rückkopplung zur Einengung der
Bandbreite möglich !

Bildquellen: Funkamt.de (Grundschaltungen), KIT, Wikipedia (De Forest), Radiomuseum.org (Nestelaudion)