Elektronisches Weihnachtsmärchen


Diese nette Geschichte wurde mir von einem Elektronikfreund zugeschickt.
Frohe Weihnacht, und viel Vergnügen !

Es begab sich zur Weihnachtszeit in einer hell erleuchteten Kellerwerkstatt irgendwo in einem verschneiten Wald, mitten in Deutschland.

Ein Bastler hatte auf dem Weihnachtsmarkt so viele blinkende Lichter gesehen.
Für ihn stand fest: Das möchte ich zu Hause auch haben.
Er stülpte seine
Bastelkiste um, und siehe da: Es fanden sich viele bunte LED, ein Trafo, ein dicker Elko, ein Quarz, ein Controller, sowie noch einige andere kleine Teilchen, die er neben sich auf dem Tisch gruppierte.

Nein, das waren keine toten Gegenstände und er ahnte nicht, daß sie ein Eigenleben führten und sich sogar miteinander unterhalten konnten.
Doch, sie konnten es -in ihrer eigenen Sprache, die kein Lautsprecher der
Welt wiederzugeben vermochte.



Schon ging es los: Der dicke Trafo brummte etwas wie "Was das wieder werden soll..."
"Hey!" brüllte der Elko. "Dich kenne ich doch!"



Schwerfällig und unwillig drehte sich der Trafo
nach ihm um.
"Ach Du bist das, Du hast doch vor 2 Jahren in einem Satellitenempfänger neben mir gestanden.
Eine Sekunde später:

"Na, guck mal, wer da liegt! Die Damen Gleichrichterdioden sind auch wieder mit von der Partie!"
Erschrocken legten sich die 4 Dioden nebeneinander und schmiegten sich mit ihren Kennungsringen eng ananeinander.



"Ha, ha" lachte der Regler, "Ihr wollt Euch doch wohl nicht
parallelschalten?"
"Warum eigentlich nicht ?" schlug eine der Dioden vor.
"Das ist doch nicht Euer Ernst !" sagte der Elko.
"Wenn ich wieder der Ladekondensator werde, dann will ich, daß ihr eine Brücke bildet. Es ist so schon schwer genug, die Spannung zu glätten !"
"Ist ja gut..." sagte eine der Dioden.
"Aber dann mußt Du auch die 1 1/2 fache Spannung aushalten!"


"Wurzel aus 2 ! Wurzel aus 2 !"schrie da der Controller, der bisher geschwiegen hatte.



"Ja, ja -unser Superhirn; wir wissen ja, daß Du rechnen kannst !" sagte eine schöne rote LED.

Beleidigt ging der Controller sofort in den Sleep-Modus, und der Quarz
funkelte die LED böse an. Der Elko dachte bei sich: "Diese kleine LED würde ich auch gerne mal wobbeln...", und der Elektrolyt in seinem Inneren geriet in Wallung.

Der Controller indes erriet dessen Gedanken und sagte: Die LED steht
unter meinem Schutz ! ICH bestimme, wann sie leuchtet !
Der Elko fühlte sich ertappt und wechselte seine Schriftfarbe von weiß
auf rot.

 

Da ließ sich wieder der Regler vernehmen: "Hey Elko, Du dickes Ding, roll mal nach vorne zum Monitor und guck nach, was der Bastler da macht!"

Der Elko tat, wie ihm geheißen und berichtete, was er sah: Der Bastler zeichnete gerade einen Schaltplan, in dem sie sich alle wiederfanden. Er erschrak: An der LED war nichts Resistives zu entdecken.
Sollte der Bastler den Begrenzungswiderstand der LED 
vergessen haben?!



Geschockt ließ sich der
Elko vom Tisch fallen und landete sanft auf "Watchdog", dem Hund des Bastlers.

Die Mitteilungen des Kondensators ließen dem Spannungsregler das Blut in
seinen Anschlüssen gefrieren.

Sollte das
denn wahr sein, und der Bastler hatte selbst für ihn keine Stützkondensatoren eingeplant?



Er würde elendig
schwingen müssen und Frequenzen bis in den Megahertzbereich erzeugen, die selbst den Quarz erstaunen lassen würden.


"Beschwere Dich nicht," sagte der Quarz, "dafür werde ich NiCHT schwingen.
Ohne Lastkapazität mache ich hier gar nichts!"

Der Controller wird wach: "Du kannst uns mal, Deine Unlust beim Anschwingen ärgert mich schon
lange. Ich nehme meinen internen RC-Generator, auf den kann ich mich verlassen!"

"Bleibt ruhig,", sagte ein anderer Spannungsregler, der auf den schönen Namen LM317

hörte.


"Wenn es soweit ist, dann wird mir so warm, daß meine  Übertemperatursicherung auslöst und dann reduziere ich den Strom durch Euch."

"Ha," sagte der Trafo, "für Dich hat der Bastler einen Kühlkörper
vorgesehen, und dann bist Du fast so groß wie ich!"
Alle lachten, bis ihnen der Ernst der Lage bewußt wurde: Es ging um ihr Leben!

Watchdog schlug unter dem Tisch an und der Bastler sagte: "Gib Ruhe, sonst schalte ich Dich ab !"
Aber der Wachhund
ließ sich nicht beruhigen, sprang auf den Tisch, nahm den einzigen Widerstand in sein Maul und deutetet aufgeregt auf den Monitor.
Endlich begriff der Bastler, was er vergessen
hatte, einzuzeichnen.
Und korrigierte den Schaltplan.



Die Bauelemente atmeten auf. Es würde doch noch etwas Vernünftiges
werden, dachte der Controller und fiel in einen tiefen Schlaf, aus dem ihn nur noch ein Interrupt wecken würde.

...Und wenn der Bastler nicht beim Programmieren wahnsinnig wurde, dann
wäre morgen auch die Platine fertig...

...auf der sie alle glücklich und zufrieden vom sanft brummenden Trafo
versorgt würden.


Koppi Reit 2011 by Paul Baumann, Bilder von Edi