Restauration- was und wie

Restauration- was und wie ?

Äußeres Ansehen

Nicht jeder hat die Möglichkeit, die Optik in Richtung Neuzustand  zu versetzen, es sollten aber schon Grundarbeiten getätigt werden.

Manche beschwören den Erhalt der Altersspuren als "Patina"- aber etwas kritisch sollte man schon herangehen.
Radios haben auf Gehäuse, Skale, Knöpfen und Tasten ein Gemisch von Möbelpoliermitteln, Wachsen, Hautfett, von den Händen abgeriebener, schmieriger Dreck und Fäkalkeime, Tabakteer, Essendunst, Lebensmittelspuren, verreckten Insekten, Fliegenscheiße, u. v. a. drauf.
Ein äußerst appetitliches Gemisch.
Für Keime. 

Kratzer sind wirklich Altersspuren, genannter Dreck sollte aber wirklich gründlichst entfernt werden.

Knöpfe und Zierteile aus Plastwerkstoffen sehen nach Reinigung mit Warmwasser, Seife und kleiner Handbürste oft wie neu aus.
Messingteile lassen sich oft mit Metallpolituren in einen schönen Zustand versetzen, aber vorher an einer unauffälligen Stelle testen !
Für Goldstreifen und Zierblenden gibt es Folien, oder auch Goldlacke, die man ganz geduldig mit Pinsel oder Abkleben aufbringen kann.

Bei normal abgenutzten Gehäusen muß die optische Herrichtung nicht wahnsinnig teuer und aufwendig sein.

Das geht im Minimalfall schon mit warmen Wasser, diversen Holz- und Plastreinigern, und vor allem... einer kleinen Auswahl an Möbelpflegemitteln und Polituren.

Das kostet einige Stunden Waschen, auftragen, Polieren, u. U. mehrmals, aber es ist die Mühe wert !

Es lohnt sich sehr, in Omas Kämmerchen oder im Keller nach uralten Flaschen Möbelpflegemittel zu fahnden, besonders für dunkle Möbel geeignete- das Zeug vergammelt normal nicht, wird meist nur etwas dickflüssiger, und riecht nicht mehr so frisch, aber oft wirken die alten Mittel Wunder !


Und dann gibt es die "optische Restauration der Königsklasse", die optisch genaue Wiederherstellung des Aussehens nach Originalverfahren, wie Beizen und Oberflächenversiegelung mit Schellack- Polituren, oder heutigen Verfahren, die dasselbe Aussehen bewirken können (Walnußöle, Hartöle, Kunstharzlacke und 2- Komponentenlacke).

Der Sonderfall ist die "Überrestaurierung", also besser als Werkszustand, die man aber akzeptieren sollte.

Technische Restauration

Nach 50- 90 Jahren ist die Technik alter Radios auf jeden Fall überholungsbedürftig.

Mechanische Teile sind vergammelt, verkeimt, verharzt, verschlissen, abgenutzt, schwergängig.
Hier ist also richtig Handarbeit anzulegen,: Zerlegen (wenn nötig), Reinigen, Ölen, Ersetzen (Skalenseile).

Röhren hatten nicht umsonst Steckfassungen... es sind Verschleißteile, die man leicht wechseln können sollte.
Röhren lassen sich oft regenerieren, dies ist auch als betriebssicher anzusehen, ein Ausfall der Röhre läßt meist das Radio schweigen, bewirkt aber keine Lebensgefahr für den Besitzer.

Kondensatoren- ein oft diskutiertes Thema:
Papierkondensatoren, damals von allen Herstellern der Welt verwendet, damals also Stand der Technik, sind heute zu 100 % als unbrauchbar und/oder defekt anzusehen.

Messungen bestätigen die extrem hohe Rate an unbrauchbaren Kondensatoren. Alte Papierkondensatoren haben meßbare Widerstandswerte. Sie haben aber einen für normale Meßgeräte nicht meßbar hohen Wert zu haben, ein meßbarer Wert erweist also schon, daß man keinen Kondensator, sondern eine Kondensator/ Widerstand- Parallelschaltung vor sich hat ! Und die steht nicht im Schaltplan !
Eine solche "Bauelemente- Kombination" wird (sicher erst ab einem bestimmten Widerstandswert) in der Schaltung NICHT mehr die vorgesehenen Funktionen erfüllen.


Das gilt auch für die "unkritischen" Abblockkondensatoren an HF- Stufen. Eine RC- Parallelkombination kann eine Zeitkonstante haben, die die zu blockenden Frequenzen (das können die HF, Oszillatorfrequenz oder die ZF sein, die an bestimmten Stellen nichts zu suchen hat, aber auch Störspannungen) nicht nach Masse kurzschließt, sondern durchläßt, oder mittels Resonanz eine Frequenz fördert.
Auf jeden Fall wird die Funktion immer schlechter werden.


Selbst noch brauchbare Kondensatoren werden in absehbarer Zeit ausfallen.
Ursache ist die Aufnahme von Feuchtigkeit durch hart und rissig gewordene Vergußmassen, aber (wahrscheinlich) auch chemische Veränderungen im biologischen Material Holz (Papier), in Spuren vorhandene organische Säuren können über Jahrzehnte das Material unbrauchbar machen.

-> Man bedenke, daß das Papier sehr alter Bücher zerfällt. Und Bücher müssen keine hohen elektrischen Spannungen aushalten.

Aus Gründen der Betriebssicherheit ist also ein  Austausch ALLER Papierkondensatoren unumgänglich !

Der Generaltausch aller Kodensatoren, auch bekannt als die "Große Kondensator- Kur" löst viele Fehlerprobleme, viele Geräte spielen schon nach Austausch schlapper Röhren und der Kondensator- Generalkur hevorragend.

 

Wichtiger Hinweis: Nicht alle Kondensatoren auf einmal herausknipsen, dann neue einlöten ! Jeden einzeln tauschen, nach jedem Tausch Gerätefunktionen testen. 
Ansonsten besteht die Gefahr, Anschlußdrähte nebeneinanderliegender Bauelemente zu verwechseln, was eine sehr zeitaufwendige Fehlersuche nach sich zieht.


Weitere Bauelemente

Widerstände, Transformatoren, Regler und Potentiometer sind sehr langlebig, es passieren gelegentlich Ausfälle- ein ewiges Leben haben sie wohl nicht.
In Geräten, die immer in wohltemperierten, warmen Räumen standen, ist die Lebensdauer aber Größenordnungen höher, als bei Geräten, die Jahrzehnte nicht mehr betrieben wurden, und schlecht gelagert wurden, wie bei "Dachbodenfund"- und "Kellerfund"- Geräten.


Tastensätze und Wellenschalter

Die Kontakte sind nach Jahrzehnten oxydiert, und bedürfen einer gründlichen Reinigung.

Diese kann mechanisch mit dem Glaspinsel (Glasfaser- Radierer, aus dem Schreibwaren.- oder Künstlerbedarf) durchgeführt werden, oder auch chemisch.
Und zwar dort, wo es nötig ist- an den Kontakten !
Das massive "Einjauchen" ganzer Tastensätze/ Wellenschalter mit Kontaktölen oder Kontaktsprays ist keine Methode, sondern übler Pfusch !

Nachgleich (Abgleich)

Dieser ist jenen Radiofreunden vorbehalten, die über eine bessere Meßgeräteausstaung zur Verfügung haben, und die Meßmethoden kennen.
Bei Vorkriegs- Geräten geht es oft nicht ohne Nachgleich, weil oft auch frequenzbestimmende Kondensatoren in HF- Stufen und Filtern gewechselt werden mußten.
Bei Nachkriegsgeräten geht es dagegen oft ohne Neuabgleich.
Sicher kann man oft einige Prozente an Empfindlichkeit und Trennschärfe gewinnen, ich überlege es mir aber zweimal, ob ich ohne zwingende Not die Kerne in den alten Spulen und Filtern bewege, die nehmen das gelegentlich übel, und brechen weg, das Entfernen des zerstörten Kerns ist mühselig, abgesehen von der Ersatz- Beschaffung. Auch sind einige Geräteserien bekannt für dies, z. B. einige Serien der "Philetta".

Generell zur Restauration:
Auch wenn man aus Internet- Beiträgen es so lesen könnte: Auswechseln einiger Röhren und Die "Große Kondensator- Kur" sind nicht das Allheilmittel, sondern einige Maßnahme unter vielen.
Eine gute Restauration ist wesentlich mehr, mindestens die aufgeführten Punkte.

 

Restaurationsmethoden der technischen Restauration.

Hier gibt es mehrere Methoden, die praktiziert werden, so man sich an die Technik heranwagt.
Allerdings ist es auch dann erst eine Restauration.

0. Alles so lassen
-> Keine Restauration.

1. Alle Funktionen nur durch absolute Originalteile, es werden keine Ersetzungen vorgenommen, es wird versucht, Teile zu restaurieren, oder originale Teile jener Zeit zu besorgen, und einzubauen.
Insbesondere gab es sogar Leute, die erfolgreich (!) alte Papierkondensatoren regenerierten.

Bedenklich, wegen der Betriebssicherheit. Der TÜV würde kein Auto mit uralten, rissigen Reifen durchlassen, selbst wenn diese noch sehr gutes Profil aufweisen. Verschmieren der Risse mit irgendeinem Gummi- ähnlichem Material könnte den Prüfer zwar täuschen, würde aber die Betriebssicherheit keinesfalls erhöhen, es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß der Zusammenhalt des Materials auch innen gestört ist.

2. Ersatz durch moderne, gleiche Teile, passende Werte, aber Bauform egal, ggf. Ersetzungen alter Bauelemente durch moderne, andere Bauelemente.

Möglich, funktioniert bei fachgerechter Arbeit auch, hat aber nicht so viel mit guter Restauration zu tun.
Es ist einfach ein "Zum Spielen bringen".
Bei sauberer Arbeit gute Betriebssicherheit.

3. (Nur) Optisch perfekter Ersatz
Ersatz durch Teile gleicher Art, die in die Gehäuse der alten Teile gefüllt werden ("Neubefüllen", "Fälschen"). Selbst Altersspuren werden gefälscht.
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Das Problem ist oft die Beschaffung optisch gleicher Teile. Bei Papierkondensatoren ist das Fälschen gut machbar.
Bei alten Drehkondensatoren, die durch Zinkzerfall ("Zinkpest") gestorben sind, ist ein Weitermachen nach dieser Methode oft nicht mehr möglich, weil sich ein Originalteil in einwandfreiem Zustand meist nicht mehr beschaffen läßt.

Es wird zwar der Eindruck des Original- Bestückung erweckt, aber es fehlen Hinweise auf den neuen Inhalt. Beim Fälschen der Altersspuren ist überhaupt keine Restauration sichtbar.

4. Ersatz im Rahmen des Möglichen
Weitgehend am Original orientiert, authentische Teile- Funktionen = sichtbare Zeitgeschichte des Gerätes.

Meines Erachtens die beste Methode.

Teile werden durch gleichwertige Teile ersetzt, und zwar so, wie der Hersteller selbst es empfohlen hätte. Hersteller entwickelten oft aufwendige Umbau- Anleitungen für Teile-Ersetzungen.
Hat ein Ersatzteil andere Abmessungen, wird es mittels Adaptern oder Halterungen fachgerecht eingepaßt.
Ein Papierkondensator wird durch einen Kondensator im originalen oder nachgefertigten Gehäuse, mit optisch originalem Label- Aufkleber, aber Beschriftung, die einen Ersatz erkennen läßt, ersetzt.

Fälschen der Altersspuren... wozu Keim und Dreck fälschen ???
Schöne, neue Teile sind auch was fürs Auge.

Die gute Arbeit eines Restaurateurs sollte sichtbar sein.

5. Die "Edi- Methode"
Wie Methode 4, nur daß ich eigene Label in meinem persönlichen Farbstil für Bauelemente verwende, die vom Aussehen her zum Baujahr der Geräte passen.
Warum soll es nicht ein "Markenzeichen eines Restaurateurs" geben ?