Restauration Telefunken Spitzensuper D860WK von 1939- Teil 2

Restauration Telefunken Spitzensuper D860WK von 1939- Teil 2
(Fotoserie unten)


Nachdem ich festgestellt habe, daß der Endstufen- Koppelkondensator langsam immer mehr Nebenschlußwiderstand bekommt, habe ich mich im Interesse einer weiteren langen Lebensdauer dieses wunderschönen Radios zur vollen Kondensator- Kur entschlossen.
Dazu habe ich unten die Belüftungsschlitze im Gehäuseboden auf der Netzteilseite aufgesägt, um an einige Kondensatoren heranzukommen.

Das ist nicht original, ja... aber bei Chassis- Montagen könnte das wertvolle Gehäuse
beschädigt werden, da ist mir ein Abstrich an Originalität einer unwichtigen und
im Normalfall unsichtbaren Stelle lieber.

Da das Gerät so sauber war, wie ein Radio nach einigen Wochen Stehen in einem normalen Wohnzimmer (!), und die Teile alle von unten erreichbar waren, konnte so die gesamte Restauration OHNE Demontage des Chassis durchgeführt werden !

Auffällig warweiterhuin, daß das untere Bandende vom 49m- Band "fehlte". Ich vermutete die ECH11... richtig, die Oszillatortriode war mit der Emission im "unbrauchbar"- Bereich.
Bei der Gelegenheit habe ich gleich ALLE Röhren
auf dem RPG Funke W19 geprüft- alle anderen Röhren sind am oberen Ende von "Gut" bis "Sehr gut".

Damit waren 2 Röhren verbraucht, das magische Auge und die ECH11. Anhand des Unterschieds in den Emissionswerten vermute ich, die anderen Röhren waren in den Jahrzehnten mal eingewechselt worden.

Die Papierkondensatoren habe ich durch mit neuen Folienkondensatoren befüllte "Edi- Kondensatoren", - Phantasie- Etikett-Kondensatoren in meinen "Firmenfarben" und mit meinem Logo-  ersetzt. Natürlich mit dem heutigen "Baujahr".
Blechgehäuse- Blockkondensatoren habe ich mit üblichen Folienkondensatoren neu befüllt, das geht gut, und ist nicht sichtbar, aber die Blockis bekommen dann auch ein gleiches Etikett.
Die "Hydra"- Netzelkos mußten abgeklemmt werden- mindestens einer hatte innere Kontaktprobleme, beim Berühren des Elkos wurde der Massekontakt des inneren Wickels hergestellt oder unterbrochen (Nein, die Verschraubung auf dem Chassis war ok).
Die Elkos habe ich durch Folienkondensatoren gleicher Kapazität ersetzt, die müßten eine höhere Lebenserwartung haben, als Elkos. Normal sollte man nie wieder einen Gedanken an einen Kondensatorwechsel in der Siebkette verschwenden müssen.

Allerdings paßten diese nicht in die Hydra- Becher, ich habe eine kleine Hilfsplatte auf der Chassis- Oberseite montiert, und die alten Elkos -der schönen Ansicht wegen- dringelassen. Ein passender Edi- Kondensatoren- Aufkleber macht diese Zusatzplatte optisch passend.
Zudem mußte nichts gebohrt werden, Bohrungen waren vorhanden, die Anschlüsse habe ich mit einem passenden Rüschschlauch zur Schaltung geführt, das sieht professionell aus. Die Änderung ließe sich bei Bedarf spüurlos rückgängig machen.

Ein wichtiges Detail war für mich, trotz Teilewechsel die Punktschweißungen der Kondensatoren- Anschlußdrähte zu erhalten.
Dazu habe ich die Kondensatoren-Anschlußdrähte dicht am Gehäuse abgeknipst, und die neuen Kondensatoren an diese Stelle angelötet, die Lötstelle mit einem Stück Rüschschlauch "abgetarnt".


2 Kondensatoren, die als kritisch gelten, blieben noch drin: 2 runde Keramikscheiben- Kondensatoren von Hoges, 530 und 206 pF- diese stellen die "Padding"- Kondensatoren des Oszillators dar.
Diese Kondensatoren haben vergossene Silberschichten, und die Vergußmasse reißt im Laufe der Jahrzehte, die Luftfeuchtigkeit beschädigt dann die Silberschichten.
Da die Skaleneichung sehr genau stimmt, dürfte die Kapazität der Paddings innerhalb der Toleranz liegen, Risse waren mit der Lupe nicht erkennbar, so beließ ich die Kondensatoren an ihrem Ort.
Indes sind sie ggf. auch leicht auswechselbar.

Die gesamte Kondensator- Kur zog sich über mehrere Wochen hin- wegen der Teile- Beschaffung, aber ich habe auch sehr viel Zeit in den möglichst sauberen Teilewechsel gesteckt, um jede Lötstelle so sauber wie möglich auszuführen, jede Lötstelle habe ich mit der Lupe überprüft- das Gerät wurde sehr sorgfältig hergestellt, da sollte man für die Restauration auch größte Sorgfalt walten lassen- ein so schöänes und leistungsfähiges Radio hat es verdient.

Tatsächlich stieg mit der Kondensator- Kur die Leistung des Telefunken nochmal an.
Das Radio ist empfindlicher als vorher, und hat einen sehr schönen Klang auf AM, OHNE Klangregelstufen mit Anhebungen !

Mit der Stichsäge habe ich unterhalb der Netzelkos die Belüftungs- Löcher zu einer
größeren Bodenöffnung erweitert, um Teile wechseln zu können, OHNE, das
Chassis demontieren zu müssen.


Korkenzieher sind nicht nur für Weinflaschen gut- man kann auch einen Blockkondensator- Wickel damit aus dem (angewärmten !) Gehäuse ziehen.
Dieser Korkenzieher kann seine Hebelwirkung durch Abstützen gegen den Flaschenöffnungs- Rand besonders gut ansetzen, hier nutze ich das, drücke den Wickel gegen den Rand des Gehäuses.

 


Die Wickel sind raus. Leider habe ich beim Anwärmen die Beschriftung des einen Blockis
weggeschmolzen... ich habe aber ein Foto gemacht, werde die Beschriftung eben als Etikett aufkleben.



Blocki neu befüllt.



Die Hoges- Padding- Kondensatoren (Mitte), eigentlich kritische Kondensatoren, sind noch gut, bleiben vorerst drin.
Die Trimmer- Silberschicht habe ich blank gemacht, und mit Silikonfett als Konservierung überzogen.


Unterseite vor der Restauration


Unterseite nach der Restauration. Die eingewechselten Kondensatoren sind Dank der gleichmäßigen Farbgestaltung deutlich zu erkennen: die voher schwarzen Papierkondensatoren im schwaruzen oder braunen Röhrchen sind jetzt schwarz- grün, die Elkos im Pertinaxrohr sind hell- rotbraun.


Die Punktschweißung der Kondensatoren- Anschlußdrähte ist erhalten, unter den roten Schlauchstücken sind die Lötstellen verborgen. Die Schlauchstücken sind natürlich kürzer, weil die Punktschweißstelle ja nicht gelöst werden kann.
Sieht manchmal nicht so elegant aus, so bleibt aber dieses seltene Produktionsdetail sichtbar erhalten.
Der dicke rote Rüschschlauch ist die Zuführung zu den Elko_ Ersatzkondensatoren auf der Oberseite.


Auch auf der Oberseite ist die Arbeit des Restaurateurs an den schwarz- grünen Kondensatoren- Etiketten erkennbar.
Die Röhren haben eine Banderole mit den Prüfwerten und Datum um den Sockel, zudem schwarzes Coro als Befestigung des Glaskolbens- das hat sich bei mir seit Jahren absolut bewährt.
Die Hilfsleiterplatte mit den Folienkondensatoren als Netzelko- Ersatz ist rechts, neben dem Netztrafo.
Später kommt eine gefällige, passende Weißblechhaube drüber.


"Ausbeute an Papierkondensatoren", ausgenommen die schönen Elkos, die als Statisten noch auf dem Chassis sind. Von den Blockkondensatoren hier nur die Innenwickel, das Gehäuse ist ja auf dem Chassis, nur neu befüllt.
Verbaut waren Kondensatoren der Firmen "Hydra"- Elkos, Blockkondensatoren und braune Röhrchenerverg
und 2 schwarze Röhrchen mit Teerverguß, "Richard Jahre, Berlin"- 1 brauner und 1 schwarzer Röhrchenkondi mit Teerverguß, und Siemens- schwarze Vollbakelit- Kondis.

 


Fertig !
Nun steht der Telefunken -jederzeit betriebsbereit- im Radio- und Puppenhaus.

Vor dem Radio liegen Dokumentationen, die ich aus der Original- Betriebsanleitung, Werbeseiten, Katalogbeschreibungen, die originale Telefunken- Dokumentation, sowie Schaltunterlagen zu Bedienungsanleitung und Kundendienstbuch zusammengestellt und gebunden habe.

Dann noch Stift und Zettel, falls ich mal einen interessanten Sender aufnehme.
Senderjagd auf dem hochfrequenten Teil der Mittelwelle und auf Kurzwelle macht  Spaß- nach fast 80 Jahren ist die Eichung immer noch genau- und
mit den langen Skalenstreifen ist die Wiederfindegenauigkeit so hoch, daß man jeden Sender, wenn man seine Position auf der Skale genau beschrieben und notiert hat, sofort wiederfindet !

.